Ein Meister unter den Klimakillern
Unaufhörlich breitet sich die Ödnis aus Beton und Asphalt immer weiter aus. Alleine in Deutschland sind es täglich bis zu 30 Hektar lebendige Böden, die unter dem meist gefragten Baustoff begraben werden. Straßen, Plätze, Gewerbeflächen, Industrieanlagen und Häuser; riesige Teile der Erdoberfläche sind bereits versiegelt und Infrastrukturprojekte wie Staudämme, Autobahnen, Brücken, Flughäfen etc. verschlingen jährlich mehrere Milliarden Tonnen Beton zusätzlich.
All dies bleibt nicht ohne Folgen. Beton gilt als der Klimakiller schlechthin. Fast 10 Prozent des Kohlendioxids, das dieses System derzeit in die Luft bläst, stammen aus der Zementindustrie. Das ist fast dreimal so viel wie der Flugverkehr. Gleichzeitig verbraucht die Betonproduktion enorme Mengen an Ressourcen. Vor allem Sand, der für die Produktion unerlässlich ist, ist bereits heute knapp, weshalb weltweit Küstengebiete und manchmal ganze Inseln abgebaggert werden. Mit verheerenden Auswirkungen auf die umliegenden Ökosysteme. Ebenso hat die zunehmende Versiegelung von Böden katastrophale Folgen. Urbane Räume heizen sich immer weiter auf, während Regenwasser nicht mehr in der Erde versickern kann. Grundwasserspeicher füllen sich nicht wie bisher, was langfristig vielerorts zu Wasserknappheit führen wird oder es bereits getan hat. Dürre und Trockenheit sind das Ergebnis davon einerseits, während es an anderer Stelle durch immer häufiger auftretenden Starkregen zu Überflutungen und Erosionen kommt. Viel mehr als das noch, werden mit jedem weiteren Meter Beton, Lebensräume und Nahrungsquellen zerstört. Der Verlust von natürlichen Grundflächen und der Mangel an Vegetation führen zu einem Rückgang der Biodiversität, was Einfluss auf viele Tier- und Pflanzenpopulationen hat und die Ausrottung einzelner Arten zur Folge haben wird.
Schade, dass Beton nicht brennt
Beton ist zum Symbol einer ganzen Epoche geworden. Eine Epoche, in der der Kapitalismus seine Expansion bis in den letzten Winkel der Erde feiert und diesen Sieg in den Machtzentren der Metropolen in Form monumentaler Bauten in Beton gegossen hat. Über ein wachsenden Netz aus Straßen, das der Ausbeutung und Verwertung von Mensch und Natur im industriellen Umfang erst den Weg ebnete, hat sich das Ungetüm namens „Zivilisation“ einmal rund um den Globus gefressen.
Seit jeher gibt es aber auch Widerstand dagegen. Im Globalen Süden, wo die Auswirkungen des Klimawandels bisher am deutlichsten zu spüren sind und die westliche Vorherrschaft durch die Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskräfte seine neokoloniale Fortsetzung findet, gibt es unzählige Konfliktherde. Revolten, die durch existentielle Bedrohungen entfesselt werden, in denen Menschen sich mit allen erdenklichen Mitteln der Zerstörung entgegenstellen. Ironischerweise liegen die Ursachen solcher Auseinandersetzungen aktuell nicht selten in der Erschließung neuer Märkte für sogenannte „grüne Technologien“ und dem Hunger nach Rohstoffen, der auch mit diesen einhergeht. Wenn wir hier Verantwortliche für dieses Elend anvisieren, tun wir das an der Seite all jener, die keine Wahl haben. Denn als Alternative zum Widerstand bleibt vielen nur die Optionen von Flucht oder Tod.
Daher wirkt es fast schon zynisch, wenn sich Teile der Klimabewegung hierzulande vor allem dadurch auszeichnen, wohl gemeinte Bitten an die Politik zu stellen, die uns das ganze Schlamassel erst eingebrockt hat und keinerlei Interesse zeigt, ihre Privilegien und den Wohlstand aufgeben zu wollen. Diese Aktivist*innen tappen dabei in die Falle, den bürgerlichen Moralvorstellungen mit ihrem verlogenen Bekenntnis zum Gewaltverzicht gefallen zu wollen. Das war nicht immer so. Während der Anti-Atom-Bewegung z.B. wurden bundesweit hunderte Strommasten umgesägt und Castortransporte waren nicht ohne massive Bahninfrastruktursabotage umzusetzen. Proteste gegen die Startbahn-West in Frankfurt a.M. oder gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf wurden von regelmäßigen Krawallen begleitet an denen sich tausende Menschen beteiligten. Warum also sind diese Auseinandersetzungen gerade jetzt, wo es notwendiger denn je ist, so konform und angepasst? Wenn wir die Erdzerstörung durch die industrielle Maschine nachhaltig stoppen wollen, wird kein Weg an der Konfrontation mit dieser Gesellschaft, die aus der erbarmungslosen Ausbeutung hervorging und dem blinden Fortschrittsglauben erlegen ist, vorbei führen. Schade, das Beton nicht brennt.
Das schmutzige Geschäft mit dem grauen Gold
Mit dem Angriff auf das Unternehmen CEMEX haben wir einen der größten Betonhersteller der Welt getroffen. Die CEMEX Deutschland AG ist der Muttergesellschaft CEMEX S.A.B. de C.V. mit Sitz in Mexiko angegliedert und verfügt weltweit über 64 Zementwerke, 1.348 Transportbetonwerke, 246 Steinbrüche, 269 Vertriebszentren und 68 Schiffsterminals. Das Unternehmen ist in über 50 Ländern an Infrastruktur- und Großbauprojekten beteiligt. So auch an der umstrittenen Erweiterung der Berliner Stadtautobahn A100. Ein 560 Millionen Euro Grab, das uns die Regierung vor die Tür geklotzt hat. CEMEX ist mit der Herstellung und Anlieferung der rund 170.000 m³ Beton einer der großen Profiteure dieses Monsters, dass nun eine Schneise mitten durch die Stadt schlägt und schon bald eine lärmende Blechlawine beim Treptower Park ausspucken wird.
Neben der üblichen Umweltzerstörung, die zum täglichen Geschäft dieser Branche gehören, hat CEMEX mit Blick auf den Nahen Osten aber noch eine andere, besonders blutige Geschichte vorzuweisen, die wir gerade jetzt, wo in Gaza erneut ein verheerender Krieg tobt, erwähnen wollen. 2005 hat Cemex das Israelische Unternehmen Readymix Industries geschluckt, welches Beton für die israelischen Mauer geliefert hat und sich am Bau von militärischen Kontrollpunkten im Westjordanland, darunter die Kontrollpunkte Hawara und Azun-Atma, beteiligte. CEMEX verdient am Bau von illegalen Siedlungen und Außenposten im Westjordanland und betreibt dort Zementwerke in Mevo Horon, Atarot und Mishor Edomim, sowie in Katzerin auf den Golanhöhen. Damit macht sich das Unternehmen zum Handlanger und Verbündeten der extrem-rechten Politik Netanyahus und seiner religiös-fanatischen Anhänger*innen in den Siedlerkolonien. Diese Strukturen dienen vor Allem dem einen Ziel; den Palästinenser*innen auf diesem Stück Land mittels Schikane, Unterdrückung, Gewalt und Vertreibung eine würdevolle Existenz unmöglich zu machen, was diese schlimmsten Falls mit ihrem Leben bezahlen. Das unbeschreibliche Leid, das diese Politik zur Folge hat, ist mit nichts zu rechtfertigen.
Trotzdem werden wir uns davor hüten diesen Krieg im Nahen Osten nach einem simplen Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse verstehen zu wollen. Wir sind sowohl von dem abscheulichen Bombenterror der israelischen Armee gegen die Zivilbevölkerung Gazas angewidert, als auch von den Massakern der Hamas. Auch wenn dieser Kampf und die Opferzahlen sehr ungleich sind, ist es fatal das Leid der einen mit dem Leid der anderen aufrechnen zu wollen. Anstatt „die eine Meinung“ oder Fahne hochzuhalten, die scheinbar frei von Widersprüchen ist, richten wir unseren Blick auf diejenigen, die ökonomischen Profit aus dieser kriegerischen Politik ziehen und sich an Militarismus und rassistischer Unterdrückung bereichern. Auch deshalb greifen wir CEMEX an. Und das tun wir mit der größtmöglichen Empathie für das Leid und den Schmerz der Menschen, die unter dem andauernden Krieg und der zunehmenden Militarisierung in der Region leben müssen. Immer an der Seite derer, die für die Freiheit Aller kämpfen, überall. Jenseits von Staat, Nation und Religion, und ihren todbringenden Grenzen und Armeen.
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